Der politische Umbruch bringt Chancen wie auch Risiken mit sich

8. November 2024

AKTUELLES

Gesundheitsreform nach dem Scheitern der Ampelregierung

Mit dem Scheitern der Ampelkoalition steht auch die Zukunft der Gesundheitsreform 2024 in Deutschland auf dem Spiel. Die Ziele der Reform – Entbürokratisierung, Entökonomisierung, Qualitätssicherung und Strukturwandel – erscheinen jetzt ungewisser denn je. Während die Ampelregierung viele Weichen für die Erneuerung des Gesundheitswesens gestellt hat, stellt sich nach deren Ende die Frage, ob die Nachfolgeregierung diese Vorhaben weiterführen kann und wird. Wie realistisch ist die Umsetzung der Gesundheitsreform, und welche Chancen und Risiken bringt der aktuelle politische Umbruch mit sich?

 

1. Politische Instabilität als Hindernis


Der Wechsel von einer Ampelkoalition zu einer neuen Regierung, die möglicherweise andere politische Prioritäten setzt, birgt das Risiko, dass die Gesundheitsreform zurückgestellt wird oder nur in Teilen umgesetzt wird. Solche Übergänge gehen oft mit Unsicherheiten und Verzögerungen einher, da neue Ministerien und Ausschüsse gebildet und die Prioritäten neu gesetzt werden müssen. Die politische Instabilität könnte dazu führen, dass bereits geplante Projekte gestoppt oder in eine andere Richtung gelenkt werden, wodurch wichtige Fortschritte verloren gehen könnten.

 

2. Haushaltsunsicherheiten und finanzielle Engpässe

 

Eine Gesundheitsreform von diesem Umfang benötigt umfangreiche finanzielle Ressourcen, um Maßnahmen wie Digitalisierung, den Ausbau der Versorgung in ländlichen Gebieten und die Entlastung des medizinischen Personals umzusetzen. Nach dem Bruch der Ampelkoalition sind jedoch die Haushaltsplanungen für das Jahr 2024 ungewiss. Die nächste Regierung könnte gezwungen sein, ihre Ausgaben priorisieren, um anderen politischen Anforderungen gerecht zu werden, wie etwa sozialpolitischen oder ökonomischen Herausforderungen. Die Gesundheitsreform könnte so in Konkurrenz zu anderen Projekten geraten und an Finanzierung verlieren.

 

3. Einfluss von Interessengruppen und Lobbyverbänden

 

Gesundheitspolitik ist ein Bereich, der stark von Interessengruppen beeinflusst wird, darunter Krankenhausträger, Krankenkassen, Pharmaunternehmen und Pflegeverbände. Die Ampelkoalition war bemüht, einen Kompromiss zu finden, der die Interessen verschiedener Akteure berücksichtigt. Ein Regierungswechsel könnte dazu führen, dass sich das Kräfteverhältnis verschiebt und neue Lobbyinteressen auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen. Gerade der Bereich der Entökonomisierung, der darauf abzielt, die Gesundheitsversorgung weniger profitorientiert zu gestalten, könnte durch den Einfluss wirtschaftsnaher Lobbygruppen gefährdet sein.

 

4. Der Fachkräftemangel als unverändertes Problem

 

Unabhängig von der politischen Führung bleibt der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen eine der größten Herausforderungen. Die geplanten Reformen zur Entbürokratisierung und zur Entlastung des Personals könnten nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Es bleibt fraglich, ob die nächste Regierung diesem Problem die gleiche Priorität beimessen wird, zumal die Lösung des Fachkräftemangels langfristige Investitionen und umfassende strukturelle Anpassungen erfordert. Kurzfristige Maßnahmen könnten das Problem bestenfalls mildern, aber nicht grundlegend lösen.

 

5. Die digitale Transformation und ihre Hürden

 

Ein zentraler Punkt der Gesundheitsreform 2024 ist die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung, die von einer umfassenden elektronischen Patientenakte bis hin zur telemedizinischen Versorgung reicht. Diese Projekte sind nicht nur teuer, sondern auch technisch komplex und erfordern eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und zahlreichen Akteuren im Gesundheitswesen. Nach dem politischen Bruch ist fraglich, ob eine neue Regierung sich direkt mit diesen komplexen Projekten befassen wird oder ob die Digitalisierung des Gesundheitswesens auf unbestimmte Zeit verschoben wird.

 

6. Chancen einer Neuausrichtung

 

Trotz der Unsicherheiten bietet der Regierungswechsel auch die Chance, die Gesundheitsreform 2024 anzupassen und möglicherweise sogar zu verbessern. Der bürokratische Aufwand dieser Reform ist so groß, Mediziner und Pflegekräfte brauchen mehr Zeit für die Arbeit am Patienten. Die Finanzierung des Transformationsfonds ist so ungewiss, dass Korrekturen, die durch die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge zur Finanzierung vorgenommen werden können. Der eingeleitete Strukturwandel mit der Bereinigung der Krankenhauslandschaft durch eine Welle von Insolventen kann beendet werden. Eine neue Regierung könnte Reformansätze der Ampelkoalition weiterentwickeln und überarbeiten. So könnte etwa ein verstärkter Fokus auf die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen und strukturschwachen Gebieten gesetzt werden. Ebenso wäre es denkbar, dass die nächste Regierung die Finanzierung der Reform langfristiger und nachhaltiger plant, um deren Effektivität zu sichern.

 

Fazit: Ungewisse Zukunft, aber auch neue Chancen

 

Das Scheitern der Ampelregierung wirft Fragen über die Zukunft der Gesundheitsreform 2024 auf. Der politische Umbruch birgt das Risiko von Verzögerungen und möglichen Änderungen in den Prioritäten, was die Umsetzung der Reformziele gefährden könnte. Gleichzeitig bietet der Regierungswechsel jedoch auch die Möglichkeit, die Reformpläne weiterzuentwickeln und gezielter auf die dringlichsten Probleme im Gesundheitswesen einzugehen.

 

Am Ende wird die Zukunft der Gesundheitsreform davon abhängen, ob die neue Regierung in der Lage und willens ist, die notwendigen Investitionen und strukturellen Veränderungen voranzutreiben, um das deutsche Gesundheitssystem langfristig zu verbessern. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Reform eine echte Chance auf Verwirklichung hat oder ob sie als ambitioniertes, aber unerfülltes Projekt in der politischen Geschichte verankert bleibt.

Ihr Ansprechpartner:

Dr. Matthias Wokittel
Geschäftsbereichsleitung Strategie, Sanierung & IT
ENDERA Managementberatung GmbH
m.wokittel@endera-gruppe.de

Dr. Matthias Wokittel, Geschäftsbereichsleitung Strategie & Sanierung der ENDERA Managementberatung GmbH
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