Bundesratsbeschluss zur Krankenhausreform

25. November 2024

AKTUELLES

Bundesratsbeschluss zur Krankenhausreform: Startschuss für die größte Umstrukturierung seit Jahrzehnten

 

Der Beschluss des Bundesrats zur Gesundheitsreform greift wesentliche Probleme des deutschen Gesundheitssystems auf und verfolgt das Ziel, die Finanzierung von Kliniken nachhaltiger zu gestalten, die Qualität der Versorgung zu verbessern und die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zu stärken. Die geplante Abkehr vom bisherigen Vergütungssystem der Fallpauschalen hin zu einer Grundvergütung für das Vorhalten von Kapazitäten adressiert einen zentralen Missstand: die ökonomisch motivierte Maximierung von Fallzahlen, die nicht zwangsläufig mit einer verbesserten Patientenversorgung einhergeht. Indem der ökonomische Druck auf Kliniken reduziert wird, könnte die Reform Raum für eine patientenzentrierte und qualitativ hochwertigere Behandlung schaffen. Dies ist eine bedeutende Neuausrichtung, die das Wohl der Patienten stärker in den Fokus rückt.

 

Auch die Einführung bundesweit einheitlicher Qualitätskriterien und die Zuweisung von Kliniken in Leistungsgruppen zeigen eine klare Orientierung hin zu mehr Spezialisierung und medizinischer Sicherheit. Die Konzentration spezifischer Leistungen an Standorten mit entsprechender Ausstattung und Expertise könnte die Behandlungsergebnisse verbessern und die Effizienz steigern. Zudem bietet die Förderung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen die Chance, die Versorgungslücke zwischen stationären, ambulanten und pflegerischen Angeboten zu schließen, insbesondere in unterversorgten ländlichen Regionen. Diese Integrationsansätze könnten die Kontinuität und Zugänglichkeit der Versorgung verbessern.

 

Dennoch wirft die Reform erhebliche Fragen und Herausforderungen auf, die ihre Umsetzung und Wirkung betreffen. Die Konzentration medizinischer Leistungen birgt die Gefahr, dass kleinere Kliniken, vornehmlich in ländlichen Gebieten, den Qualitätsanforderungen nicht gerecht werden und schließen müssen. Dies könnte die wohnortnahe Versorgung gefährden und die Erreichbarkeit medizinischer Leistungen einschränken, vor allem für ältere oder weniger mobile Bevölkerungsgruppen. Zwar wird die Schaffung sektorenübergreifender Einrichtungen als Lösungsansatz präsentiert, doch bleibt unklar, wie schnell und flächendeckend solche Strukturen aufgebaut werden können.

 

Die Umsetzung der geplanten Qualitätskriterien ist ebenfalls mit Herausforderungen verbunden. Einheitliche Standards zu definieren, die sowohl objektiv als auch realistisch sind, dürfte ein komplexer Prozess sein, der potenziell zu Streitigkeiten und Verzögerungen führen könnte. Zu strenge Kriterien könnten viele Kliniken ausschließen und eine Versorgungskrise verschärfen, während zu lasche Anforderungen die angestrebten Qualitätsgewinne untergraben würden.

 

Hinzu kommt die Frage der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Krankenhausplanung bleibt in der Verantwortung der Länder, was zu regionalen Unterschieden und potenziellen Konflikten führen könnte. Die Sicherstellung einer bundesweit einheitlichen Umsetzung der Reform und der Qualitätskriterien erfordert eine enge Abstimmung zwischen den politischen Ebenen, die in der Vergangenheit nicht immer reibungslos funktionierte. Insbesondere bei der sektorenübergreifenden Versorgung besteht das Risiko, dass regionale Eigeninteressen die übergeordneten Reformziele behindern.

 

Schließlich ist die Finanzierung der Reform eine zentrale offene Frage. Die Umstellung des Vergütungssystems sowie der Aufbau neuer Strukturen und Kapazitäten erfordern erhebliche Investitionen in die technische Ausstattung, das Personal und die Infrastruktur. Ob die notwendigen finanziellen Mittel in ausreichender Höhe bereitgestellt werden und wie diese verteilt werden sollen, bleibt bislang unklar. Eine unzureichende Finanzierung könnte dazu führen, dass zentrale Elemente der Reform nicht wie geplant umgesetzt werden.

 

Zusammenfassend zeigt die Gesundheitsreform vielversprechende Ansätze zur Verbesserung des Systems, ist jedoch mit erheblichen Risiken und Unsicherheiten behaftet. Die langfristige Wirkung wird maßgeblich davon abhängen, wie die Reform im Detail ausgestaltet und umgesetzt wird, ob regionale Unterschiede überwunden werden können und ob ausreichend finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Ohne eine konsequente und kooperative Umsetzung könnte die Reform scheitern und bestehende Probleme sogar verschärfen.

Ihre Ansprechpartnerin:

Dr. Matthias Wokittel
Geschäftsbereichsleitung Strategie, Sanierung & IT
m.wokittel@endera-gruppe.de

Dr. Matthias Wokittel, Geschäftsbereichsleitung Strategie & Sanierung der ENDERA Managementberatung GmbH
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