
Renteneintritt niedergelassener Ärzte bis 2030
1. August 2025
AKTUELLES
Renteneintritt niedergelassener Ärzte bis 2030 – Auswirkungen und Herausforderungen
Der demografische Wandel und der bevorstehende Renteneintritt eines großen Teils der niedergelassenen Ärzteschaft in Deutschland bis 2030 haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. In den kommenden Jahren wird ein erheblicher Anteil der derzeit praktizierenden Ärzte ihre Praxen aufgeben oder an Nachfolger übergeben müssen. Dieser Fachbeitrag analysiert die voraussichtlichen Entwicklungen bis 2030, beleuchtet die Folgen des Ärztemangels und diskutiert mögliche Strategien, um die ambulante Versorgung langfristig zu sichern.
Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte
Ein wesentlicher Faktor für den kommenden Ärztemangel ist die Altersstruktur der aktuell niedergelassenen Ärzte. Laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) waren im Jahr 2023 etwa 33 % der niedergelassenen Ärzte über 60 Jahre alt.
Diese Altersgruppe wird bis spätestens 2030 größtenteils in den Ruhestand gehen. In einer Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) gaben 50 % der niedergelassenen Ärzte an, innerhalb der nächsten Jahre aus Altersgründen aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheiden zu wollen.
Besonders betroffen von diesen Entwicklungen sind ländliche Regionen, wo der Nachwuchs an Ärzten bereits jetzt knapp ist. Diese Gebiete stehen vor erheblichen Herausforderungen, da sie häufig weniger attraktiv für junge Ärzte sind. Ohne gezielte Maßnahmen wird die Versorgung in diesen Regionen stark gefährdet sein.
Herausforderungen durch den Ärztemangel
Der bevorstehende Renteneintritt so vieler niedergelassener Ärzte führt zu einem deutlichen Rückgang an Versorgungskapazitäten. Besonders kritisch ist dies im hausärztlichen Bereich, wo sich bereits heute Versorgungsengpässe abzeichnen. Hausärzte spielen eine zentrale Rolle in der medizinischen Grundversorgung, und deren Fehlen könnte zu einer Verschlechterung der gesundheitlichen Betreuung, längeren Wartezeiten und einer erhöhten Belastung der verbliebenen Ärzte führen.
In ländlichen Regionen wird der Ärztemangel besonders stark spürbar. Der Rückgang der Arztzahlen führt dort zu einem verstärkten Versorgungsdruck. Dieser Effekt wird durch den Trend zur Urbanisierung verstärkt, da junge Ärzte tendenziell städtische Gebiete bevorzugen, die oft bessere berufliche und private Lebensbedingungen bieten.
Veränderungen in den Arbeitsbedingungen und Erwartungen
Ein weiterer Faktor, der den Mangel an niedergelassenen Ärzten verschärft, ist der Wandel der Arbeitswelt und die veränderten Erwartungen der jüngeren Generation von Medizinern. Während die ältere Generation von Ärzten häufig bereit war, eine Vollzeitpraxis zu führen und lange Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen, streben jüngere Ärzte vermehrt eine bessere Work-Life-Balance an. Viele Mediziner entscheiden sich für Teilzeitmodelle oder eine Anstellung in medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Gemeinschaftspraxen, statt eine eigene Praxis zu übernehmen.
Diese Entwicklung führt zu einer geringeren Zahl von Ärzten, die bereit sind, eine Vollzeitniederlassung zu übernehmen, was die Versorgungslücke weiter vergrößert. Zudem entscheiden sich viele junge Ärzte für Spezialisierungen, was zu einem weiteren Rückgang von Allgemeinmedizinern und Hausärzten führt.
Strategien zur Sicherung der ärztlichen Versorgung
Um den drohenden Ärztemangel abzufedern, sind umfassende Gegenmaßnahmen notwendig. Die Politik und die zuständigen Gesundheitsbehörden haben bereits verschiedene Strategien entwickelt, um die ärztliche Versorgung langfristig sicherzustellen.
- a) Förderung der Niederlassung in ländlichen Regionen:
Die Landarztquote ist eine der zentralen Maßnahmen zur Förderung der Niederlassung in unterversorgten Regionen. In mehreren Bundesländern wird ein bestimmter Anteil der Medizinstudienplätze an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach ihrer Ausbildung für eine bestimmte Zeit in ländlichen
Gebieten tätig zu sein. Dies soll sicherstellen, dass auch in den weniger attraktiven Regionen Ärzte zur Verfügung stehen. - b) Attraktivitätssteigerung der Niederlassung:
Durch finanzielle Anreize wie Förderprogramme zur Praxisübernahme, Unterstützung bei Investitionen und den Abbau von bürokratischen Hürden soll die Niederlassung als Berufsperspektive wieder attraktiver gestaltet werden. Dies könnte dazu beitragen, mehr junge Ärzte für die ambulante Tätigkeit zu gewinnen. - c) Förderung flexibler Arbeitsmodelle:
Der Trend zu Teilzeit und kooperativen Arbeitsmodellen kann genutzt werden, um die Arbeit in der Niederlassung attraktiver zu gestalten. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) ermöglichen Ärzten, angestellt zu arbeiten, was eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglicht. Die Förderung solcher Arbeitsmodelle kann helfen, junge Ärzte für die ambulante Versorgung zu gewinnen. - d) Digitalisierung und Telemedizin:
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens, insbesondere durch den Einsatz von Telemedizin, kann einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung der ärztlichen Versorgung leisten. Telemedizinische Angebote können den Zugang zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen erleichtern, indem Patienten über digitale Plattformen mit Ärzten in Kontakt treten können, ohne lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen.
Ausblick bis 2030
Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um den drohenden Ärztemangel abzumildern. Ohne zusätzliche Maßnahmen wird die ambulante ärztliche Versorgung in Deutschland, vornehmlich in ländlichen Regionen, vor großen Herausforderungen stehen. Der Renteneintritt der älteren Ärztegeneration wird die bereits bestehenden Engpässe weiter verschärfen, wenn nicht frühzeitig gegengesteuert wird.
Die Förderung junger Ärzte, der Ausbau flexibler Arbeitsmodelle und die stärkere Nutzung digitaler Technologien bieten jedoch Ansätze, um der Problematik zu begegnen. Innovative Lösungen wie die Telemedizin könnten speziell in ländlichen Gebieten zu einer besseren Versorgung führen und den Ärztemangel zumindest teilweise kompensieren.
Fazit
Der demografische Wandel unter den niedergelassenen Ärzten in Deutschland stellt eine erhebliche Herausforderung für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung dar, insbesondere in den kommenden fünf Jahren. Durch das fortgeschrittene Alter vieler Ärzte und deren bevorstehenden Renteneintritt droht eine erhebliche Versorgungslücke, besonders in ländlichen Regionen und in der hausärztlichen Versorgung. Junge Ärzte rücken nur in geringer Zahl nach, und die steigende Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen verschärft die Situation zusätzlich.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind umfassende Maßnahmen notwendig. Dazu gehören die Förderung der Niederlassung, insbesondere in unterversorgten Regionen, die Attraktivitätssteigerung des Arztberufs durch flexiblere Arbeitsmodelle sowie der Ausbau der Telemedizin und Digitalisierung. Ohne diese Veränderungen wird der Ärztemangel die flächendeckende Versorgung weiter gefährden. Es ist daher unerlässlich, dass Politik und Gesundheitswesen frühzeitig und konsequent handeln, um die zukünftige ärztliche Versorgung in Deutschland zu sichern.
Ihre Ansprechpartnerin:
Marie Wirtz
Senior Consultant
m.wirtz@endera-gruppe.de
